Prognosen für US-Notenbankpolitik gehen weit auseinander

Noch vor kurzem waren sich die Marktteilnehmer einig, dass die Fed 2025 ihre Leitzinsen senken wird. Inzwischen jedoch erwarten einige wieder steigende Zinsen.

15. Januar 2025

3 min.

Dr. Andreas Schyra

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Im Jahr 2025 stünden zumindest zwei Zinssenkungen mit 25 Basispunkten (BPS) an, so war noch im Dezember der Tenor. Mittlerweile zeigt sich ein anderes Bild: Einzelne Großbanken aus den USA gehen nunmehr von maximal zwei derartigen Zinsschritten aus. Neu und damit interessant ist jedoch die Prognose der Bank of America, welche hingegen von einer Zinssteigerung um 25 BPS im laufenden Jahr ausgeht.

Mittlerweile ist quasi ein Gewöhnungseffekt am Kapitalmarkt eingetreten, weil zahlreiche US-Banken ihre Prognosen zur Entwicklung des US-Leitzinses üblicherweise mit dem Jahreswechsel überprüfen und ggf. anpassen. Schon in den Vorjahren war es so, dass die ursprünglichen Zinserwartungen angepasst und zurückgenommen wurden.

Die Hoffnungen auf Zinssenkungen der Federal Reserve (Fed) waren teilweise ausgeufert und trieben die Aktienmärkte sehr dynamisch nach oben. Jede Einschränkung dieses Optimismus mündete in zwischenzeitlichen Volatilitätsausweitungen der Indizes, welche sich jedoch nach einem kurzen Durchatmen wieder erholten und überwiegend auf neue Höchststände kletterten.

Weitere Leitzinssenkungen der Fed werden nicht zwangsläufig folgen

Seit der dritten und bisher letzten Zinssenkung der Fed um 25 BPS aus Dezember 2024 liegt der US-Leitzins bei einer Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent. Es wäre daher falsch, pauschal zu erwarten, dass nicht weiterer Spielraum nach unten bestünde, denn schließlich war der Notenbankzins in den USA in den Vorjahren bereits deutlich geringer und lag zwischenzeitlich nahe der Nulllinie.

Die heutigen Zeiten und die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen sind mit der Historie der Null- und Niedrigzinsen jedoch nicht vergleichbar. Dies gilt insbesondere in Rückbesinnung auf die Corona-Jahre.

Wirtschaft der USA überragt die der Eurozone

Die USA weisen derzeit eine Arbeitslosenquote von 4,1 Prozent und im Jahresvergleich ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent auf. Von diesen Daten sind die Bundesrepublik Deutschland und Eurozone ein ganzes Stück entfernt. Dieser Einschub zeigt, dass die Zinspolitik der Fed vor einer gänzlich anderen Herausforderung steht als es in der Euro-Währungsregion der Fall ist.

In den USA liegt auch die Inflationsrate über derer der Eurozone und diesbezüglich spielt die primäre Zielsetzung der beiden Notenbanken eine besondere Rolle. Die Europäische Zentralbank (EZB) verfolgt zunächst die Preisniveaustabilität wohingegen die Fed auf einen hohen Beschäftigungsgrad, moderate langfristige Zinsen und ein stabiles Preisniveau ausgerichtet ist.

Leitzinspolitik der EZB scheint vorgezeichnet

Die bereits erwähnten volkswirtschaftlichen Bedingungen in den USA geben der Fed deutlich mehr Spielraum als der EZB in der Eurozone. Von der EZB zu erwarten, dass 2025 durch maximal zwei Zinssenkungen oder gar eine Zinssteigerung geprägt ist, erscheint völlig abwegig. In den USA beschreiben die konträren Leitzinsprognosen der US-Banken das vorherrschende Bild jedoch sehr treffend.

Es herrscht in den USA eben nicht die Eindeutigkeit, wie in der Eurozone, die fast zwangsläufig weitere Zinssenkungen erwarten lässt.

Aktienmärkte verlieren an Dynamik, und neuer Schwung bleibt abzuwarten

Den Aktienmärkten ist diese Uneindeutigkeit bereits seit einigen Wochen anzumerken, denn die Aufwärtsdynamik ist aktuell erloschen. Mit Spannung wird daher abzuwarten sein, wie sich der frühere und neue US-Präsident verhält, welche Maßnahmen er initiiert, wie sich diese auf die US-Staatsverschuldung und die volkswirtschaftlichen Verhältnisse ausweiten.

Im Fußball ist der flapsige Spruch bekannt, „Das nächste Spiel ist immer das schwerste“, auf die Börse könnte es übertragen lauten, „Das nächste Kapitalmarktjahr ist immer das schwerste“. In diesem Sinne verbleibe ich für 2025 mit besten Neujahrswünschen – weit über die Börsenentwicklung hinaus.

  • Dieser Artikel wurde geschrieben für Das Investment.

Über den Autor

Dr. Andreas Schyra

About the Author: Dr. Andreas Schyra

ist Mitglied des Vorstands der PVV AG und verantwortet das Portfoliomanagement sowie sämtliche Aufsichtsbereiche. Zudem doziert er in finanzwirtschaftlichen Studiengängen an der FOM Hochschule Essen, publiziert Beiträge zu aktuellen Fragestellungen des Finanzwesens und hält Fachseminare beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.
Dr. Andreas Schyra

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