Regelmäßig ausbalancieren – „auch ein Fonds-Depot braucht Pflege“

Es wäre ein Trugschluss zu erwarten, dass lediglich Einzelwertdepots einer regelmäßigen Überprüfung bedürfen. Wieso jedes Wertpapierdepot gepflegt werden sollte und warum reine Buy-and-Hold-Strategien nicht immer funktionieren, erklären wir in unserer aktuellen Kolumne.

03. Januar 2023

3,5 min.

Dr. Andreas Schyra

Foto: PVV AG

Es wäre ein Trugschluss zu erwarten, dass lediglich Einzelwertdepots einer regelmäßigen Überprüfung bedürfen, meint Andreas Schyra. Wieso jedes Wertpapierdepot gepflegt werden sollte und warum reine Buy-and-Hold-Strategien nicht immer funktionieren, erklärt der Vermögensverwalter.

Nach Auffassung des berühmten Börsen- und Finanzexperten André Kostolany sollte man Aktien kaufen, Schlaftabletten nehmen und nach einigen Jahren werde man damit quasi ohne weitere Aktivität reich. Dieses Statement ist zwar anschaulich, vereinfacht das immer schnelllebiger werdende Investmentumfeld jedoch zu sehr. Risiken durch veränderliche wirtschaftliche, juristische und politische Rahmenbedingungen, die auf jedes Portfolio einwirken, beeinflussen gesamte Geschäftsmodelle maßgeblich und beeinträchtigen damit auch die Wertpapierkurse der jeweiligen Emittenten.

Risikomanagement und Anpassung an persönliche Bedürfnisse

Unabhängig davon, welche Wertpapiere ein Depot umfasst, bedarf es einer regelmäßigen Überprüfung, ob die Assets an sich und die gesamte Depotstruktur den eigenen Zukunftsannahmen noch gerecht werden. Sicherlich ist es nicht förderlich, täglich auf Kursbewegungen reagieren zu wollen. Ein derartiger Aktionismus erhöht Transaktionskosten und artet in Spekulation aus. Jedoch sollte auch ein Depot, welches unter Wahrung eines langfristigen Anlagehorizonts allokiert wurde, ein geeignetes Risikomanagement aufweisen.

Dieses umfasst unter anderem die Wahrung einer breiten Diversifikation des Portfolios, die Rückführung von Gewichtungsverschiebungen der einbezogenen Assetklassen, bedingt durch unterschiedliche Wertentwicklungen, sowie eine möglichst geeignete Ausrichtung der Depotwerte auf die eigene Erwartungshaltung an zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen. In Abhängigkeit des Alters sowie der persönlichen und finanziellen Anforderungen eines Anlegers kann sich dessen Risikoneigung auch im Zeitverlauf verändern, weshalb die Berücksichtigung eher offensiver beziehungsweise defensiver Assets ebenso einem Anpassungs- oder zumindest Überprüfungsturnus unterliegen sollte.

Von historischer Wertentwicklung lösen und Erwartungshaltungen formulieren

Den langfristigsten Anlagezeitraum hat üblicherweise die Altersvorsorge, welche neben breit gestreuten Einzelwertdepots beispielsweise auch mittels Fondssparplänen oder fondsgebundenen Versicherungen betrieben werden kann. Es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass derartige Fonds-Depots keiner Kontrolle unterliegen sollten. Anlageprodukte – in diesem Fall aktive oder passive Investmentfonds – werden häufig aufgrund ihrer historischen Performance ausgewählt.
Jedem Disclaimer ist jedoch zu entnehmen, dass die Wertentwicklung der Vergangenheit keine Aussagekraft für die Zukunft aufweist. Diese Einschränkung entspricht leider der Wahrheit, sonst wäre jeder Börsenerfolg trivial ausrechen- und planbar. Die Depotausrichtung sollte daher eher der Erwartung an künftige Ereignisse und Entwicklungen als der vergangenen Wertentwicklung einzelner Assets entsprechen.

Diversifikation einzelner Assets bestimmt das Ausmaß des Risikomanagements

Grundsätzlich hängt der Aufwand des Risikomanagements und des Überprüfungsbedarfes eines jeden Wertpapiers von dessen Diversifikationseigenschaften ab. Eine extreme Gegenüberstellung ist der Vergleich der Diversifikationsattribute einer Aktie mit denen eines weltweit allokierten Portfolios. Augenscheinlich sind die unsystematischen, also einzelwertspezifischen Risiken der Aktie, welche sich auf die Geschäftsentwicklung eines einzelnen Unternehmens beziehen, deutlich höher als die eines globalen Portfolios, welches beispielsweise mittels eines Fonds dargestellt werden kann.

Wirtschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen

Doch auch die bereits angesprochenen reinen Fonds-Depots bedürfen einer regelmäßigen Pflege und Überprüfung. Insbesondere Investmentfonds, welche lediglich einzelne Länder oder Branchen allokieren, weisen demnach höhere Risiken als globale Portfolios auf. Während die größten Gewinner-Aktien im Jahr 2020 im Zuge des Ausbruchs der Corona-Pandemie noch Digital- und Technologiewerte waren, drehte sich das Bild bereits im Folgejahr. In 2021 kam es zu einer Rotation, wodurch Value-Aktien deutlich bessere Entwicklungen aufwiesen als reine Wachstumswerte. Dieses Beispiel bezieht sich lediglich auf eine einzelne Assetklasse und lässt Wirkungseffekte zwischen verschiedenen Assetklassen unbeachtet.

Während der Zinssteigerungstendenzen der vergangenen Monate, die dem vorherigen Nullzinsniveau ein Ende bereiteten, konnten beispielsweise die gegenseitigen Abhängigkeiten von Aktien- und Rentenmärkten beobachtet werden, welche sich ebenfalls auf Einzelwerte sowie Investmentfonds auswirkten. Derartigen Entwicklungsunterschieden sollte durch Aktivität im Portfoliomanagement Rechnung getragen werden. Andernfalls können sich historische Erfolge schneller wieder erübrigen, als sie zuvor errungen wurden. Selbst ein eher passiv ausgerichteter Anlagestil oder gar eine Fondspolice bedürfen daher einer gewissen Aktivität, um Chancen zu nutzen und nicht ursprünglich ungeahnten Risiken ausgesetzt zu sein.

  • Dieser Artikel wurde geschrieben für DAS INVESTMENT.

Über den Autor

Dr. Andreas Schyra

About the Author: Dr. Andreas Schyra

ist Mitglied des Vorstands der PVV AG und verantwortet das Portfoliomanagement sowie sämtliche Aufsichtsbereiche. Zudem doziert er in finanzwirtschaftlichen Studiengängen an der FOM Hochschule Essen, publiziert Beiträge zu aktuellen Fragestellungen des Finanzwesens und hält Fachseminare beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.
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