Technologiewerte übertreffen alles – Was das bisher starke Börsenjahr für den Schlussspurt bedeutet

Keinem Anleger dürfte entgangen sein, wie stark vor allem amerikanische Tech-Aktien im ersten Halbjahr zulegten. Ob man die Zugpferde der Märkte nun unter FAANG, MATA, oder einer anderen Abkürzung zusammenfasst, ist dabei zweitrangig. Wichtig ist: Die gute Performance lässt für die letzten Monate des Jahres hoffen.

17. September 2023

3,1 min.

Dr. Andreas Schyra

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Der Nasdaq 100 verzeichnete per Jahresmitte einen Zuwachs von knapp 40 Prozent year-to-date. Bis Ende August konnten sich die aufgelaufenen Gewinne noch etwas ausweiten. Die positive Entwicklung der Technologiewerte treibt jedoch nicht nur diesen, sondern nahezu sämtliche kapitalisierungsgewichtete Aktienindizes, welche die größten US-Unternehmen umfassen. Hierzu zählen neben dem S&P 500 auch die allseits beliebten MSCI World und DJ Global Titans.
Der S&P 500 konnte dem Nasdaq 100 zwar nicht folgen, ein Halbjahresgewinn in Höhe von etwa 20 Prozent liegt jedoch immer noch über den Zuwächsen zahlreicher europäischer Aktienindizes, welche eher durch Unternehmen mit traditionellen Geschäftsmodellen geprägt sind.

Gutes erstes Halbjahr ist ein positives Vorzeichen für den Rest des Jahres

Historisch betrachtet, ist ein derartiger Halbjahresgewinn des S&P 500 ein gutes Omen für das zweite Halbjahr. Seit den 1950er Jahren verzeichnete er in 16 Jahren einen Gewinn von mindestens 15 Prozent im ersten Kalenderhalbjahr. In diesen Jahren verlief die zweite Jahreshälfte in 15 Fällen mit weiteren Gewinnen zwischen zwei und 17 Prozent. Der Durchschnitt der Zugewinne in den weiteren sechs Monaten belief sich auf fünf Prozent. Lediglich im Jahr 1987 gab der S&P nach einem zwischenzeitlichen Zuwachs von 32 Prozent ganze 22 Prozent wieder ab. In diesen Zeitraum fiel der Schwarze Montag am 19. Oktober 1987, an dem sich der bis dato stärkste Börsenkrach seit dem Zweiten Weltkrieg ereignete.

Traditionelle Geschäftsmodelle können kaum schritthalten

Unabhängig von den überproportional positiven Entwicklungen der Technologiewerte können sich auch die bisherigen Zuwächse zahlreicher renommierter europäischer Indizes sehen lassen. Bis Ende August weisen unter anderen der Swiss Leader Index, Dax , MDax und SDax , EuroStoxx 50 und zahlreiche weitere Indizes bereits zweistellige Gewinne auf, obwohl sich zahlreiche Wirtschaftsregionen und -sektoren in der Krise befinden und risikoärmere Anlagealternativen mittlerweile wieder nennenswert positive Verzinsungen aufweisen. Zahlreiche Anleiherenditen sind zwar real betrachtet noch negativ, reichen vielen Anlegern jedoch bereits aus, um ihre Mindestanforderungen zu erfüllen und müssten tendenziell zu Umschichtungen von Aktien in Anleihen führen.
Natürlich existieren darüber hinaus weiterhin unzählige Belastungsfaktoren, die zu Verwunderung über die positiven Aktienentwicklungen führen: Neben der lahmenden Wirtschaftslokomotive China, inversen Zinsstrukturkurven in zahlreichen Regionen – als empirisch verlässliche Vorläufer einer Rezession – und dem andauernden Krieg in der Ukraine haben die Notenbanken die Inflationsentwicklungen noch nicht im Griff, sondern entziehen dem Geldkreislauf Monat für Monat Liquidität.

Zukünftige Perspektive stimmt positiv

Die Börsen handeln jedoch nicht Fakten, sondern überwiegend Erwartungshaltungen an zukünftige Entwicklungen. Neben Goldman Sachs haben einige weitere Großbanken bereits eine Zinswende der Fed für das zweite Halbjahr 2024 angekündigt und genau dies ist die positive Nachricht, welche die Aktienmärkte beflügelt. Üblicherweise müssten die Unternehmensbewertungen, die an der Börse repräsentiert sind, unter den gestiegenen Zinsen beziehungsweise Abzinsungsfaktoren leiden, doch auch diese wurden bereits im Vorjahr eingepreist, weil sie schon in 2022 für 2023 erwartet wurden.

Wie in den letzten Jahren auch, hängen die Erwartungen an eine positive Aktienentwicklung erneut an den Notenbanken und hier allen voran an der Fed. Eine Enttäuschung würde zu gänzlich anderen Bewertungen führen und die Aktienkurse nennenswert belasten. Bisher haben die Aktienmärkte die schon eher erwartete und mittlerweile gedanklich mehrfach verschobene Lockerungen der Notenbanken sehr gut verdaut. Die Hoffnung besteht jedoch darin, dass Fed & Co. nicht zu lange auf sich warten lassen und die Wirtschaft durch hohe Zinsen und verringerte Liquiditätsbereitstellungen doch noch abwürgen.

  • Dieser Artikel wurde geschrieben für Focus Online.

Über den Autor

Dr. Andreas Schyra

About the Author: Dr. Andreas Schyra

ist Mitglied des Vorstands der PVV AG und verantwortet das Portfoliomanagement sowie sämtliche Aufsichtsbereiche. Zudem doziert er in finanzwirtschaftlichen Studiengängen an der FOM Hochschule Essen, publiziert Beiträge zu aktuellen Fragestellungen des Finanzwesens und hält Fachseminare beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.
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