Zulassung von Bitcoin-Spot-ETFs
„SEC ist vor allem an Mitsprache im Krypto-Universum interessiert“

Die US-Börsenaufsicht SEC gab Anfang Januar ihr Go für Bitcoin-Spot-ETFs. Damit wollte die Behörde jedoch weniger den Anbietern entgegenkommen als vielmehr selbst mehr Kontrolle über den Krypto-Kosmos erlangen, vermutet Vermögensverwalter Dr. Andreas Schyra.

08. Februar 2024

3 min.

Dr. Andreas Schyra

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Bereits vor der Zulassung der ersten Spot-Bitcoin-ETFs im Januar 2024 durch die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC existierte ein sehr breites Meinungsspektrum: Optimisten erwarteten dynamische Kurssteigerungen aufgrund der erleichterten Investitionsmöglichkeit in die Kryptowährung über den Wrapper eines etablierten Wertpapiers. Pessimistischere Stimmen befürworteten einen stärkeren Abgabedruck, da die Erwartungshaltung eines positiven Zulassungsvotums zuvor bereits in den Bitcoin-Preisen verarbeitet worden sei. Argumente für beide Lager gab es zahlreiche:

Leichterer Zugang für Interessenten und Investoren erhöht das Handelsvolumen

Spot-Bitcoin-ETFs würden es traditionellen Anlegern erleichtern, in die Kryptowährung zu investieren, da sie nicht direkt Kryptowährungen kaufen und in Wallets verwahren müssen. Stattdessen könnten sie einfach ETF-Anteile erwerben, die den Bitcoin-Preis nach Abzug anteiliger Kosten abbilden. Der vereinfachte Wertpapierzugang und die bewährte Lagerung in Depots erhöhe das Handelsvolumen und die -liquidität. Gegenteilig konnte argumentiert werden, dass sowohl existente Future-ETFs als auch strukturierte Produkte diesen Zugang bereits länger vereinfachen.
Ein weiterer Aspekt berücksichtigt die Schwankungsintensität des BTC: Spot-Bitcoin-ETFs können die Preisvolatilität des Basiswertes sowohl verstärken als auch verringern. Auf der einen Seite werden große institutionelle Investitionen den Markt stabilisieren und die Volatilität reduzieren. Auf der anderen Seite könnte ein erhöhtes Handelsvolumen zu schnelleren Preisbewegungen führen und die Volatilität erhöhen.
Ein ETF, der lediglich einen einzelnen Basiswert abbildet und die Diversifikationsanforderungen der Ucits-Vorgaben nicht erfüllt, ist in der EU aktuell nicht umsetzbar. Die Anforderung an jede Regulierungsbehörde, im vorliegenden Fall die SEC, ist die Zusicherung, dass ein ETF den erforderlichen Standards entspricht und die Anleger ausreichend geschützt sind. Diesbezüglich wurde ein Prozess durchlaufen, denn zahlreiche Zulassungsanträge wurden in den USA zuvor bereits abgelehnt.

Transfer des Kryptomarktes in ein aufsichtsrechtlich reguliertes Umfeld

Die SEC unternimmt mit der Zulassung jedoch zugleich auch einen Versuch, das nur eingeschränkt regulierungsfähige Bitcoin-Handelsgeschehen in ihr Aufsichtsspektrum und somit in ihre Handhabe zu rücken. Die Wall-Street-Institute und ETF-Provider sind bereits aufsichtsrechtlich kontrolliert. Eine Beaufsichtigung des gesamten Krypto-Handels erscheint dagegen unrealistisch. Daher besteht seitens der SEC sicher die Hoffnung, dass es gelingt, einen nennenswerten Marktanteil unter den neuen Spot-ETFs zu konsolidieren. Somit lasse sich eine indirekte Aufsicht erlangen.
Ein etwaiger Erfolg der neuen ETFs könnte auf andere Kryptowährungen abfärben. Er könnte die ETF-Provider animieren, weitere Kryptowährungen als Spot-ETFs abzubilden. Den Befürwortern des ursprünglichen Gründungsgedankens von Bitcoin wird die Aufsicht jedoch ein Dorn im Auge sein. Denn ein ausschlaggebender Motivationsaspekt war insbesondere, dass Bitcoin auch unabhängig von jeglicher zentralen Institution und Kontrolle funktionieren würde.

Anteil der Spot-ETFs an der Bitcoin-Kapitalisierung

Einige Tage nach dem aufsichtsrechtlichen Startschuss vereinen die ersten elf Spot-Bitcoin-ETFs ein Volumen von etwa 10 Milliarden US-Dollar. Dies entspricht einem Anteil von knapp 1,2 Prozent der gesamten Bitcoin-Kapitalisierung (848 Milliarden US-Dollar). Der Bitcoin-Chart veranschaulicht, dass sich dessen Kurs nach ersten, deutlichen Schwankungen – die Krypto-Investoren grundsätzlich gewohnt sind – in den darauffolgenden Tagen nach Handelsaufnahme der Spot-ETFs etwa zehn Prozent unter dem Kursniveau zum Zeitpunkt der ETF-Zulassungen eingependelt hat.
Der Markt misst diesem Ereignis kurzfristig also weder ein überproportional positives noch ein negatives Zukunftsszenario bei. Bisher ist davon auszugehen, dass der 10. Januar 2024 nicht als Game Changing Event in die Krypto-Historie eingeht. Diesbezüglich bleibt abzuwarten, ob der Anteil der Spot-ETFs im Verhältnis zur Gesamtkapitalisierung der Kryptowährung nennenswert zunimmt und/oder andere Kryptowährungen ebenfalls Einzug in das ETF-Universum erlangen.

  • Dieser Artikel wurde geschrieben für DAS INVESTMENT.

Über den Autor

Dr. Andreas Schyra

About the Author: Dr. Andreas Schyra

ist Mitglied des Vorstands der PVV AG und verantwortet das Portfoliomanagement sowie sämtliche Aufsichtsbereiche. Zudem doziert er in finanzwirtschaftlichen Studiengängen an der FOM Hochschule Essen, publiziert Beiträge zu aktuellen Fragestellungen des Finanzwesens und hält Fachseminare beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.
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